Glaube stört mich.
Ich mag es einfach, wenn ich Dinge erledigen kann. Wenn die Dinge fließen. Wenn die ToDo-Listen voller Haken sind. Wenn Projekte Gestalt annehmen. Kunst entsteht. Neues gestaltet wird. Und ich das Gefühl habe, dass die vielen Bälle in der Luft bleiben.
(Ich hasse es, wenn Bälle hinfallen)
Was ich absolut gar nicht mag ist, wenn mein Schaffensprozess gestört wird. Wenn der kreative Fluss unterbrochen wird. Und der Flow aufgehalten wird. Störungen. Ich hasse es regelrecht, wenn mir Inspiration fehlt. Mein Kopf ist eigentlich immer voller Ideen.
Wenn es da einmal zum Stillstand kommt, dann ist das eher eine Art Verstopfung.
In mir ist genug kreative Energie. Aber manchmal kann ich diese nicht nutzen. Da kommt es in mir nicht zu einer Verbindung, die Schaffenskraft entlädt. Das sind die Momente, in denen ich keinen Zugang zu meinem Inneren habe. Und das sind die Störungen, die mich am meisten aufregen.
Da möchte ich gerne im Flow sein. Und dann lässt mich mein Körper zappeln. Da wird gerade gar nichts fließen. Ich muss unterbrechen. Auch, wenn mich diese Störungen ärgern, sie sind sehr wichtig. Denn sie lenken meinen Fokus auf etwas, das gerade Fokus benötigt. Mein Körper weiß das häufig schneller, als es mein Geist tut. Daher ist es sinnvoll, wenn ich mich stören lasse. Wenn ich Störungen ernst nehme und sie als Hinweis annehme. Erst, wenn die Störung mich erreicht hat und ich aufmerksam geworden bin, ich mich hingesetzt habe und in mich gespürt habe, dann kann das Hindernis in mir angegangen werden. Und danach kann es in mir irgendwann wieder fließen.
Ein Grund, warum mir der christliche Glaube gut tut, hat etwas mit Störungen zu tun. Ich erlebe es häufig so, dass mich der Glaube stört. Oder vielleicht stört mich auch Gott. Für meinen Glauben waren lange Bilder im Vordergrund, die etwas mit „aus dem Weg räumen“ zu tun haben. Vergebung. Befreiung. Reinigung. Sehend werden.
Diese Bilder sind gut und richtig. Und doch lerne ich gerade andere Bilder zu schätzen. Ein anderes Bild, das mir zunehmend wichtiger wird, ist eben das der Störung. Gott stört. Stellt sich quer. blockiert. Drückt auf Stopp.
All das nervt.
Und doch ist es sehr wichtig. Denn es birgt die Chance, dass ich hinhöre und mich unterbrechen lasse. Erst dann kann vielleicht meine Aufmerksamkeit auf die Dinge gelangen, die wirklich dran sind. Am Glauben stört mich eine Menge. Viele Bibeltexte stören mich beispielsweise. Immer wieder merke ich das, wenn ich im Gottesdienst sitze. Letztens wurde da Psalm 23 vorgelesen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir.
Das stört mich. Denn, wenn ich in meinen Tälern bin, dann ist da definitiv Angst vor Unglück. Diese Angst ist mir sehr präsent. Und nahe. Der Text stimmt in meinem Leben nicht. Und das stört. Diese biblischen Störungen bilden oft eine Gegenstory zu meinem Erleben. Das ist frustrierend. Aber es verhindert auch, dass meine Story, die ich mir selber erzähle,
absolut bleibt. Die Störung setzt meiner Story etwas entgegen. Und dann eröffnet sie eine Möglichkeit, dass diese Story vielleicht neu gefasst werden kann. Refraiming. Neuerzählung. Das ist schmerzhaft wie mühsam. Aber eben auch kraftvoll.